Abgeschlossenes Projekt

Wiedereinstieg ehemals berufstätiger Pflegekräfte in den Pflegeberuf

Beginn: Mai 2003
Ende: März 2004

Hintergrund

Im Pflegedienst der Krankenhäuser bzw. der stationären Pflegeeinrichtungen zeichnet sich ein deutlicher Personalmangel ab. Eine Möglichkeit, die Lücke zu schließen, besteht darin, die in den letzten Jahren nach einer vergleichsweise kurzen Berufsverweildauer (vorübergehend) ausgeschiedenen Pflegekräfte für eine Rückkehr in den Pflegeberuf zu gewinnen.

Vor diesem Hintergrund hat das DKI in Baden-Württemberg eine Repräsentativerhebung bei ausgeschiedenen Pflegekräften zum Wiedereinstieg in den Pflegeberuf durchgeführt und das landesweite Potenzial an wiedereinstiegsbereiten Pflegekräften taxiert. Darüber hinaus sollte der Pflegepersonalbedarf in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2010 ermittelt werden. Die Projektergebnisse bilden den Rahmen für ein weiteres Vorhaben durch das Institut für angewandte Forschung, Entwicklung und Weiterbildung der Katholischen Fachhochschule Freiburg zur Entwicklung, Durchführung und Evaluation sog. Refresher-Kurse für ehemalige Pflegekräfte.


Methode

Die baden-württembergischen Krankenhäuser ab 50 Betten sowie die stationären Pflegeeinrichtungen Baden-Württembergs ab 35 Plätzen wurden gebeten, die in einem bestimmten Zeitraum (1995-1998) ausgeschiedenen Pflegekräfte nach einem vorgegebenen Zufallsverfahren zu identifizieren und ihnen ein vom DKI konzipierten Erhebungsbogen zu übersenden. Die Stichprobe konzentrierte sich ganz bewusst auf eine weibliche und relativ junge Klientel. Am Projekt nahmen 111 stationäre Einrichtungen bzw. 342 ausgeschiedene Pflegekräfte teil (Rücklaufquote: 49%).


Ergebnisse

Für mehr als die Hälfte der Befragten bildeten Aspekte aus dem Themenkomplex der persönlichen bzw. familiären Gründe das zentrale Ausstiegsmotiv (v.a. Schwangerschaft bzw. Kindererziehung). Rund 17% der Erhebungsteilnehmer haben den Pflegeberuf in erster Linie wegen ihrer Ansicht nach ungünstiger Arbeitszeiten verlassen. Die Arbeitsinhalte rangieren in der Rangliste der wichtigsten Ausstiegsgründe mit 12% der Nennungen nur an dritter Stelle (z.B. Zeitdruck oder wenig Zeit für den Patienten). Eine unzureichende Bezahlung sowie ein schlechtes Arbeitsklima bildete nur für eine Minderheit der Befragten den wichtigsten Ausstiegsgrund.

Jeweils rund ein Viertel der ehemaligen Pflegekräfte würde sehr oder ziemlich gerne wieder in den Pflegeberuf einsteigen. Bei rund der Hälfte der ehemaligen Pflegekräfte ist mithin eine hohe Einstiegsbereitschaft fraglos vorhanden. Ebenfalls knapp ein Viertel der Befragten klassifiziert ihre Wiedereinstiegsbereitschaft noch als mittelmäßig. Insgesamt gut ein Viertel verspürt wenig oder gar keine Neigung, wieder pflegerisch tätig zu werden.

Zwar wollen die Wiedereinsteigerinnen auch künftig in den unterschiedlichsten Bereichen in der Pflege arbeiten. Gleichwohl ist bei vielen Pflegekräften dieser Gruppe eine Tendenz eindeutig erkennbar, in weniger pflegeintensiven und insofern möglicherweise weniger belastenden Tätigkeitsbereichen als bislang beschäftigt zu sein. Darüber hinaus gewinnt gerade für Berufsrückkehrerinnen die ambulante im Vergleich zur stationären Pflege deutlich an Attraktivität. Auch pflegenahe Einsatzgebiete sind für viele ehemalige Pflegekräfte denkbar (z.B. Versorgungsassistent, Stationssekretärin etc.).

Unter den Wiedereinstiegsmotiven dominieren neben einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben eindeutig pflegespezifische Gründe: Dafür kennzeichnend sind die Freude an der Pflegearbeit und frühere positive Erfahrungen mit dem Pflegeberuf. Leitmotive für die Rückkehr in die Pflegetätigkeit liegen zudem darin, mit Patienten zusammen zu arbeiten bzw. ihnen zu helfen.

Die ehemals in der Pflege Tätigen haben bei einer Rückkehr in den Pflegeberuf einen sehr breiten Qualifizierungsbedarf hinsichtlich der Grundlagen ihrer Tätigkeit. Die schnelle und qualifizierte Hilfeleistung in Notfallsituationen sowie eine tiefere Kenntnis über Erkrankung und Medikation der pflegebedürftigen Personen stellen für die Befragten eine besonders wichtige Voraussetzung zur Wiederaufnahme des Pflegeberufs dar. Darüber hinaus maßen sie insbesondere Lehrinhalten zum Pflegeprozess eine große Wichtigkeit bei.

Legt man die Fluktuationsraten der teilnehmenden Einrichtungen sowie die Wiedereinstiegsbereitschaft ehemaliger Pflegekräfte in der Stichprobe zugrunde, dann läge - hochgerechnet auf das Land Baden-Württemberg - hypothetisch bei näherungsweise 1.000 Pflegekräften pro "Ausstiegsjahrgang" eine vergleichsweise hohe Wiedereinstiegsbereitschaft vor. Zumindest in Gebieten mit hoher Siedlungsdichte dürften sich also genügend Interessenten bzw. Teilnehmer für Wiedereinstiegsprogramme in den Pflegeberuf finden lassen.


Fazit

Infolge der demografischen Entwicklung steigt in Baden-Württemberg der Bedarf an Krankenpflegepersonal von knapp 69.000 Krankenschwestern/-pflegern in 2001 auf 78.500 im Jahr 2010. Der Bedarf an AltenpflegerInnen nimmt im betrachteten Prognosezeitraum um mehr als 6.000 zu. Quantitativ weniger bedeutsam ist dagegen der Zuwachs für die Berufsgruppen der Krankenpflegehelferinnen und Altenpflegehelferinnen.

Selbst wenn die Ausbildungsabschlüsse in den Bereichen der Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Krankenpflegehilfe im Jahr 2010 auf dem Stand von 2002/03 verbleiben, können sie den wachsenden Bedarf an examinierten Krankenpflegekräften in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen Baden-Württembergs nicht decken. In der Altenpflege und Altenpflegehilfe ist absehbar, dass die Zahl von Pflegeschülern ebenfalls nicht groß genug sein wird, um den anwachsenden Bedarf in ambulanten Pflegediensten und stationären Pflegeeinrichtungen zu decken.

Insgesamt muss daher festgestellt werden, dass der Bedarf an Pflegekräften im Jahr 2010 nicht durch die zukünftige Ausbildung in den Pflegeberufen gedeckt werden kann. Auf Grund der sich abzeichnenden Entwicklungen wird in den nächsten Jahren ein Mehrbedarf an examinierten Pflegekräften bestehen. Der Wiedereinstieg von ehemaligen Pflegekräften und ihre Wiedereingliederung in den Pflegeberuf werden vor diesem Hintergrund einen wichtigen Stellenwert für die zukünftige pflegerische Versorgung der Bevölkerung in Baden-Württemberg einnehmen.


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Gefördert durch:
Institut für angewandte Forschung, Entwicklung und Weiterbildung der Katholischen Fachhochschule Freiburg mit Unterstützung der Krankenhausgesellschaft Baden-Württemberg

Projektleitung

Dr. Karl Blum
Vorstand, Deutsches Krankenhausinstitut e.V.
Leiter Geschäftsbereich Forschung