Abgeschlossenes Projekt

Auswirkungen der Mindestmengenregelung bei fünf vorgeschlagenen Leistungsbereichen

Beginn: Juni 2004
Ende: August 2004

Hintergrund

Die GKV-Spitzenverbände haben im Gemeinsamen Bundesausschuss die Aufnahme von fünf weiteren Leistungsbereichen in den Mindestmengenkatalog gemäß § 137 Abs. 1 SGB V beantragt und hierfür konkrete Mindestmengen vorgeschlagen. Auf Anregung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) hat das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) im Rahmen seiner Untersuchungsreihe "Krankenhaus Trends" ermittelt, welche Auswirkungen die entsprechenden Mindestmengenvorgaben auf die stationären Versorgungsstrukturen haben würden.


Methode

An der Krankenhauserhebung des DKI, in der die Fallzahlen der fünf Leistungskomplexe für das Jahr 2003 erfasst wurden, beteiligten sich 471 Krankenhäuser (Rücklaufquote: 46,2%). Die Ergebnisse sind repräsentativ für die nach § 108 SGB V zugelassenen Allgemeinkrankenhäuser in Deutschland.


Ergebnisse

Für die fünf Leistungskomplexe wurden die folgenden Umverteilungswirkungen ermittelt:

Kniegelenk-Totalendoprothese (Knie-TEP): Bei einem Mindestmengenvorschlag von 50 Fällen pro Krankenhaus und Jahr würde bundesweit etwa jedes dritte Haus, das heute noch Knie-TEP erbringt, aus der diesbezüglichen Versorgung ausscheiden; in ländlichen Kreisen wäre sogar jedes zweite Haus betroffen. Mehr als die Hälfte der ausgeschlossenen Kliniken entfällt auf eher kleinere Häuser zwischen 100 bis 300 Betten, also vor allem Krankenhäuser der Grund- oder Regelversorgung. Die Mindestmengenregelung würde zwangsläufig zu Einschränkungen in der flächendeckenden und wohnortnahen Versorgung sowie zu weniger Wahlfreiheit von Patienten und Einweisern führen. Rund 8% der Patienten mit Knie-TEP müssten auf andere Krankenhäuser umverteilt werden.

Percutane transluminale Coronarangioplastien (PTCA): Die Versorgung mit PTCA konzentriert sich bereits heute auf eher große bis sehr große Häuser mit Fallzahlen, die überwiegend deutlich oberhalb des Mindestmengenvorschlags von 150 Fällen liegen. Bei dieser Mindestmenge würde etwa jedes siebte Haus, das derzeit PTCA durchführt, aus der entsprechenden Versorgung ausscheiden. Allerdings entfallen auf diese Häuser nur rund 1% aller Fälle mit PTCA, so dass nur relativ wenige Patienten in a-deren Krankenhäusern als bislang behandelt werden müssten.

Elektive Operationen bei Bauchaortenaneurysma: Die vorgeschlagene Mindestmenge von 30 Fällen hätte dramatische Auswirkungen auf die Versorgungssituation. Etwa 85% der Häuser, die heute noch an der Versorgung teilnehmen, würden ausscheiden. In ländlichen Kreisen wären es fast 100% und bei kleinen Häusern unter 300 Betten durchweg 100%. Die Mindestmengenregelung würde zu einer massiven Konzentration entsprechender Eingriffe auf bundesweit nur noch ca. 75 Standorte führen. Über 40% der betroffenen Patientenklientel müsste auf diese Standorte umverteilt werden und deutlich längere Entfernungen zum Krankenhaus als bislang in Kauf nehmen.

Koronarchirurgische Eingriffe: Der Mindestmengenvorschlag von 100 Eingriffen pro Krankenhaus würde die heutigen Versorgungsstrukturen im Wesentlichen festschreiben. Bei dieser Mindestmenge würde nur ca. ein Dutzend Häuser mit zudem zu vernachlässigenden Fallzahlen aus der entsprechenden Versorgung ausscheiden. Die Anzahl der umzuverteilenden Fälle läge bei etwa 0,1%. Nennenswerte Patientenwanderungen wären folglich nicht zu erwarten.

Neugeborene mit Very-Low-Birth-Weight (VLBW-Neugeborene): Auf Grund unvollständiger Leistungsschlüssel in den Anträgen der Kostenträger, welche der Erhebung zugrundelagen, waren die Ergebnisse für die VLBW-Neugeborenen letztlich nicht verwertbar.


Fazit

Die Ergebnisse zeigen, dass die Mindestmengenregelung - je nach betrachtetem Leistungsbereich - höchst unterschiedliche Auswirkungen hat. Teilweise werden bestehende Versorgungsstrukturen festgeschrieben oder modifiziert; teilweise würde die Mindestmengenrege-lung zu massiven Umverteilungseffekten führen, sowohl auf Krankenhaus- als auch auf Patientenebene. Eine differenzierte Betrachtung der Umverteilungswirkungen nach Leistungsbe-reichen ist deswegen auch künftig angezeigt.


Weitere Informationen finden Sie hier in unserem PDF.

Gefördert durch:
Eigenprojekt

Projektleitung

Dr. Karl Blum
Vorstand, Deutsches Krankenhausinstitut e.V. Leiter Geschäftsbereich Forschung

Dr. Matthias Offermanns
Senior Research Manager